Mittwoch, 9. Mai 2012

UKM Münster: Organ-Vabanquespiel mit Todesfolge

Grenzwertige Herzen eingepflanzt

Däbritz-Prozess : Grenzwertige Herzen eingepflanzt
(Archivbild) Foto: Jürgen Peperhowe
Münster - Es ging um grenzwertige Organe: nicht ganz hochwertige Herzen also, die – von anderen Kliniken abgelehnt – 2007 Transplantationspatienten am Uniklinikum Münster eingepflanzt wurden. Es ging zudem um sechs Todesfälle an der Herz-Thorax-Chirurgie, die später von der Bundesgeschäftsstelle Qua­litätssicherung gezielt überprüft wurden.
Von Julia Gottschick 
Mediencheck Kommentar: 
Julia, meine liebe Kollegin, 
wie kann man nur so knapp daneben aber trotzdem vorbei schiessen?
Ist es denn wirklich so schwer zu verstehen, was da in Münster ablief? 
Wir sprechen hier nicht über irgendeine "Quote" des Erfolges, sondern über eine auffallend hohe Mortalitätsrate an dem umstrittenen Klinikum von Münster, liebe Julia Gottschick.
 Also über Menschen, die vielleicht heute noch bei ihren Familien leben könnten, wären sie nicht mit sog. "grenzwertigen Organen" in den Tod befördert worden.
Haben Sie, liebe Julia, denn Ihrer journlistischen Sorgfalt Genüge getan und hinterfragt, ob denn die benannten Patienten wussten, worauf sie sich da einliessen? Haben Sie eruiert, ob diese Patienten de facto keine Zeit mehr hatten, um auf ein einwandfreies Organ zu warten? Wir meinen: NEIN. Sie schreiben, gelinde gesagt, alles auf, was A sagt und was B entgegnet - sorry, aber mit Journalismus hat das wenig zu tun. Auch nicht mit Neutralität, denn vor der Neutralität ist der Journalist der Wahrheit und dem Verständnis des Lesers verpflichtet. Wo ist Ihre Eigenrecherche? Wo ist Ihre Quintessenz? Kurz gefragt: where is the Beef??

Schauen wir doch mal ein wenig weiter in Ihrem nichtssagenden Bericht der sich liest wie der Wetterbericht: 

Auch hätten sich eine Reihe von Narkoseärzten am UKM kritisch über Operateure an der Herz-Thorax-Chirurgie geäußert. „Der eine oder andere macht das nicht so gut“, hieß es von Seiten der Anästhesisten. Was fehle, sei ein annehmbares Qualitätsmanagement und eine funktionierende Weiterbildung, zitierte die Zeugin aus der damals vertraulichen Unterredung.

Es sind allein 2007 37,5% aller Herztransplantationen in Münster tödlich verlaufen. Da ab 30% Mortalität eine offizielle Stellungnahme erforderlich ist, heisst das, dass alles, was statistisch darüber liegt, nicht mehr im Normbereich ist. So sind in anderen Kliniken bis zu 90% Überlebensrate durchaus die Norm, wie man bei einer einigermassen engagierten Recherche leicht herausfinden kann. 


Statistik über Lebenserwartung nach Herztransplantation


Es erschliesst sich uns nicht, weshalb Sie, liebe Julia, nicht einfach über die Modemesse schreiben, oder vielleicht auch über Kinder, irgendetwas unverfängliches, wo man sich nicht mit einer Institution wie dem UKM in die Nesseln setzen kann. Wenn Sie schon nicht gewillt sind, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, warum schreiben Sie dann so offensichtlich bemüht, die Wahrheit nicht erkennbar werden zu lassen? Es gibt da ein Zitat das da lautet:
Wer die Wahrheit nicht kennt, ist nur ein Dummkopf. Wer sie aber kennt, und sie eine Lüge nennt, ist ein Verbrecher.
Für Sie, liebe Julia Gottschick, muss man das Zitat noch ergänzen:
"...und wer als Journalist die Wahrheit nicht beim Namen nennt,  hat den Beruf verfehlt..."
            Mediencheck Wahrheiten

Den gleichen Murks in etwas ausführlicherer Form schrieb 
 http://www.recklinghaeuser-zeitung.de/nachrichten/region/muenster/Uniklinik-benutzte-von-anderen-Kliniken-abgewiesene-Organe;art1331,738768

Wenn man vor der Wahl gestanden habe, den Patienten entweder unoperiert sterben zu lassen oder auf ein marginales Organ zuzugreifen, habe man es halt mit der Transplantation versucht, so Roeder. "Das kann gut gehen oder auch nicht."
Die Frage dabei, die unbeantwortet bleibt, war: wusste der Patient von diesem Organ-Vabanquespiel?


Die Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung fand an dieser Vorgehensweise offensichtlich nichts Gravierendes auszusetzen. In dem abschließenden Schreiben heißt es aber auch, dass derartige Risikofälle künftig noch genauer kritisch hinterfragt werden sollten.

Die weitere, sich aus obiger Aussage ergebende logische Frage wäre doch, was passierte in der Folge der abgenickten Vorgehensweise, also 2008, 2009, 2010 etc.?
Wie genau wurden die Todesfälle denn begründet, wurde die Begründung mal von Dritter Seite begutachtet oder reicht es aus, wenn der Boss sagt "passt schon"? 

"Kann gutgehen-oder nicht: ist das der neue Vertrauens-Werbeslogan von Münster?"


Traurig, was heutzutage alles reicht, um in der Öffentlichkeit als "Bericht" oder gar Journalismus zu gelten. Noch trauriger, dass keiner der genannten Journalisten irgendwelche Hintergründe recherchiert hat, sondern sich nur auf das Wiederkäuen von Aussagen beschränkt. 
Mediencheck fragt sich, ist denn schon wieder Sommerloch oder habt Ihr keine Chefredaktion, die Euch auf die Sprünge hilft?


Die Quintessenz des Ganzen ist doch so einfach und man muss dazu auch kein Mediziner sein, um das zu begreifen: Münster hat eine hohe Sterblichkeitsrate mit Organen produziert, die nicht mehr brauchbar waren. Sonst wären a) andere Kliniken nicht abgesprungen und b) wären nicht überdurchschnittlich viele Patienten verstorben. Die Frage ist dabei nun, kann man so etwas stillschweigend tolerieren, oder fragt man sich, ob diese Patienten andernorts nicht noch leben könnten, wenn man sie nicht von der Strasse weg in den OP geholt hätte, um ihnen ein schlechteres Organ als das eigene zu verpflanzen...


Denken Sie beim nächsten Artikel mal daran, dass der verstorbene Patient beim nächsten Organroulette auch IHR Angehöriger sein könnte...vielleicht klappt's dann endlich mit dem Artikel.

 

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