Dienstag, 20. März 2012

Junge Mütter am Bild-Pranger der Nation

http://www.bild.de/regional/chemnitz/schwangerschaft/immer-mehr-eltern-sind-selbst-noch-ein-kind-23226670.bild.html

Teenie-Schwangerschaft Immer mehr Eltern sind selbst noch ein Kind

Teenie-Schwangerschaft: Immer mehr Eltern sind selbst noch ein Kind
Auf 10 000 minderjährige Mädchen in Sachsen kommen 110 Schwangerschaften, 60 werden abgebrochen, 50 Kinder kommen zur Welt
Foto: Lena S. - Fotolia
19.03.2012 — 23:33 Uhr
Von B. SCHILZ Dresden – Auf Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen beschäftigt sich derzeit der Sozialausschuss im Landtag mit dem Problem minderjähriger Eltern im Freistaat.
Montag hatten die Experten im Ausschuss das Wort.
Rund 400 Minderjährige werden jedes Jahr im Freistaat schwanger, dabei ist das Risiko einer derart frühen Schwangerschaft fünf mal höher bei Hauptschülerinnen, als bei Gymnasiastinnen.
Sabine Wienholz, Institut für Sozialmedizin Leipzig: „Die Schwangerschaften pro Kopf sind leicht angestiegen. Je geringer die Bildung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind ausgetragen wird. Nach dem Motto: Ich habe keinen Chance auf einen Beruf aber ein Kind, dass mich ernährt.“
Frank Thorausch von der Mobilen Jugendarbeit kennt die Motive der jugendlichen Mütter: „Auch wir haben eine Zunahme in den letzten Jahren festgestellt. Als Mutter erfahren manche zum ersten Mal gesellschaftliche Anerkennung. Viele wollen von Beruf lieber Mutter sein, als arbeitslos. Wir müssen andere Perspektiven schaffen.“


Mediencheck - Meinung: 
Wieder einmal geht ein Artikel der Bild am eigentlichen Thema vorbei und haut voll in die Sarrazin-Kerbe:
Klar, die Mädchen sind schuld, sie haben sich extra einen selbstverständlich gebildeten Bengel aus gutem Hause gefügig gemacht, auf dass er ihnen den ersehnten Hartz4-Stammhalter mache, haben dem armen Mann vorgekaukelt, dass sie immer korrekt die Pille nahmen, ein Kondom noch dazu und täglich Waschungen mit spermizidtötenden Lösungen vornähmen. Dabei hatten sie nur die gesellschaftliche Anerkennung im Blickwinkel, die ihnen als Mutter ja mit Freuden entgegengebracht wird, wenn eine 16jährige Schulversagerin schwanger nach Hause kommt...geht' s nicht noch etwas klischeehafter?

Die Bild hat schon oft irgendwelche rechte Dumpfbacken ausgegraben, um die politische Meinung in Deutschland zu manipulieren. Nun aber den Mädchen, die aus dem Prekariat stammen, die ungewollt schwanger wurden und von dem überraschten Kindsvater sitzen gelassen wurden, die alleinige Verantwortung und Verwantwortlichkeit aufzubürden, ohne den Erzeuger auch nur einmal zu erwähnen, das ist an Chauvinismus schon fast nicht mehr zu überbieten. Denen noch einen Vorwurf zu machen, die vielleicht aus Mutterliebe ja sagen zu dem ungewollten Kind, ist ebenfalls ein Armutszeugnis. 

Der "Beruf Mutter" wird hier schon fast als Unterklassenthema behandelt, und ja, was ist daran falsch, wenn ein schwangeres Mädchen die Hilfen, die der Sozialstaat bietet, auch annimmt? Braucht nicht gerade Deutschland Kinder? Wie abgehoben ist es, aus einem Schulabschluss der Mutter abzuleiten, wie gut der Nachwuchs eines Tages sein werde? Vielleicht macht die junge Mutter ja nach der Schwangerschaft Abitur, im zweiten Anlauf, nachdem sie weiss, wofür sie sich abmüht? Es ist fatal, was hier geschrieben wurde, und es ist ein sozialpolitischer GAU, dass man dafür, dass jemand in einer Notlage ist, diesen auch noch als Sozialschmarotzer abstempelt. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen